Vorgehensweise
Schritt 1: Applikationslandschaft inventieren
Eine saubere Datenbasis über die Systemlandschaft ist die Grundlage jedes Migrationsprojekts. In einem ersten Schritt erstellte ich deshalb ein Application Inventory und etablierte es unternehmensweit als „Single Point of Truth“, um den Status aller Applikationen sowohl für die Migration als auch für das Daily Business zu tracken. Dabei wurde jede Applikation einer Kategorie zugeteilt, beispielsweise wurde unterschieden nach Client/Server-, Desktop-, Citrix- oder SaaS-Applikation, und nach verschiedenen Kriterien bewertet. Wichtige Fragen, die es für die Migrationsplanung zu klären gab, waren Abhängigkeiten zu anderen Applikationen und/oder Schnittstellen und geplante Lifecycle Changes, beispielsweise aufgrund von geplanten Updates, funktionalen Erweiterungen oder Compliance Findings. Zudem galt es auch GAMP-Kategorie und Validierungsstatus bei GxP-relevanten Applikationen neu zu bewerten. 400 Applikationen wurden insgesamt identifiziert und klassifiziert. Davon sollten 150 innerhalb des Projekt-Scopes migriert werden. Rund die Hälfte der Applikationen ist GxP-relevant und musste deshalb revalidiert werden.
Schritt 2: Programm managebar machen
Bei einer solchen Mammutaufgabe ist es wichtig, sich nicht in Details zu verlieren, sondern das grosse Ganze im Blick zu behalten. Deshalb entschied ich mich für ein zweistufiges Vorgehen und erstellte zunächst die Grobplanung für die einzelnen Kategorien von Applikationen. Um Komplexität, Priorität und Zeitbedarf der Migration besser abzuschätzen, entwickelte ich einen mehrstufigen Entscheidungsbaum. Wichtige Kriterien hierbei waren beispielsweise, ob es sich um eine Kernapplikation handelt, ob externe Benutzer darauf zugreifen oder ob die Applikation GxP-relevant ist. Im zweiten Schritt wurde für jede Kategorie ein Projekt initiiert, in dem das Migrationsvorgehen sowie die Feinplanung für jede Applikation im Einzelnen vorgenommen wurde. Für besonders kritische Applikationen wurde ein separater Stream angelegt. Neben der Struktur ist bei einem Programm mit über hundert Beteiligten ausserdem Kommunikation ein wesentlicher Erfolgsfaktor. In einem „Migration Cookbook“ wurde die gesamte Programm-Governance von Kommunikations-, Eskalations-, Risiko-, Issue-, und Change-Management bis hin zu Tracking-, Reporting- und Meetingstrukturen festgelegt, um Plattformen für den Austausch zu schaffen.
Durch die intelligente Planung bekam das grosse Vorhaben Struktur – die vielen hundert Einzelteile fügten sich zu einem managebaren Ganzen und ein nachvollziehbarer Weg wurde für alle Beteiligten sichtbar. Die Herangehensweise überzeugte, weshalb sich das Management dazu entschied, mein Verantwortungsgebiet zu erweitern. Die Programmleitung umfasste von nun an auch die Streams für Server, Clients und Netzwerke. Als Programmleiter war ich ab diesem Zeitpunkt auch für das komplette Financial Controlling und die übergeordnete Koordination der GxP-Compliance zuständig.
Schritt 3: Sequenziell migrieren und global ausrollen
Insgesamt wurden innerhalb des Programms rund 150 Applikationen migriert und an über zehn Standorten ausgerollt. Die Hälfte davon war GxP-relevant und musste revalidiert werden. Besonders komplex war dabei, dass die komplette Landschaft sequenziell in die neue Umgebung transferiert wurde. Schlüsselfaktor für die Sicherstellung der Compliance war das Integration Testing, nachdem alle beteiligten Komponenten migriert wurden – also auch User Accounts oder periphäre Geräte wie Drucker, die mit der Applikation interferierten. Damit keine Komponenten oder Schnittstellen ungetestet blieben, entwickelte ich mit dem Projektteam eine wasserdichte Traceability Matrix, die alle Abhängigkeiten trackte. In einem nächsten und letzten Schritt im Rahmen des Programms wurden verwaiste und nicht mehr benötigte Applikationen stillgelegt.