Ursachen & kritische Erfolgsfaktoren
Als Hauptgrund für die abgesagte Inbetriebnahme wurden mir zunächst „technische Probleme“ genannt. Zum einen war die neue Schnittstellenanpassungen zum firmenweiten CRM-System noch nicht erfolgreich abgenommen worden, zum anderen entsprach die Qualität der migrierten Altdaten nicht den gesetzten Anforderungen. Hinzu kam, dass mittlerweile ein Update des CRM-Systems anstand, was die Komplexität des Projekts durch geänderte Schnittstellenspezifikationen zusätzlich erhöhte.
Für mich als Projektleiter war es wichtig, die verschiedenen Sichtweisen, die kritischen Probleme und die tatsächlich zugrundeliegenden Ursachen zu verstehen, weshalb ich Einzelinterviews mit den verschiedenen Fachspezialisten wie dem Auftraggeber, den Anwendern und Projektmitarbeitenden führte.
Dabei kristallisierte sich heraus, dass die Kernproblematik nicht in der Lösung technischer Probleme lag, sondern in dem bis dahin weitgehend vernachlässigten Organizational Change Management (OCM). Durch die vernachlässigte Informationspolitik fehlte es innerhalb als auch ausserhalb des eigentlichen Projektteams fehlte das Verständnis für das „Why“. Den Stakeholdern und Endanwendern war also nicht klar, welcher Mehrwert durch die Ablösung des alten Systems geschaffen werden konnte, was zum Teil zu enormen Widerständen gegenüber den Neuerungen führte. Hinzu kam, dass die Projektmitarbeitenden nicht dediziert für das Projekt zur Verfügung standen, weshalb sowohl der „Teamspirit“ als auch eine eindeutige Identifikation mit dem Projekt fehlten.
Lösungsansatz
Mit diesen Erkenntnissen ausgestattet, erarbeitete ich unter Einbeziehung der relevanten Stakeholder im Rahmen von Workshops ein Konzept zur termingerechten Inbetriebnahme des neuen MDM-Systems. Der Lösungsansatz beruhte im Wesentlichen auf drei Massnahmen:
Kontinuierliches und aktives Einbeziehen der Key-Stakeholder, um geäusserte Kritikpunkte aufzunehmen, zu bearbeiten und um Ängste zu mindern, die durch fehlende Informationen entstehen.
Festigen des Teams und Optimieren seines Way of Work (WoW), um gemeinsam auf eine allgemein verstandene Projektvision hinzuarbeiten.
Verstärkte Einbindung des Managements mit dem Ziel, den aktiven Support des Steering Committees zu sichern und das Vertrauen in das Projekt zu stärken.
Aktives Einbeziehen der Key-Stakeholder
Wegen der zum Teil geringen Miteinbeziehung der betroffenen Fachabteilungen unterstellten viele Mitarbeiter der neuen Lösung eine mangelnde Datenqualität in Bezug auf die individuellen Anforderungen. Um mir die Unterstützung dieser Key-Stakeholder zu sichern und die vorhandenen Widerstände zu minimieren, habe ich drei neue Kommunikationskanäle eingeführt:
Zweiwöchentliche Stakeholder-Meetings, um über den Projektverlauf zu informieren, gemeinsam anstehende Problemstellungen zu besprechen und das „Wir-Gefühl“ zu festigen.
Offenes Teilen des wöchentlichen Statusberichts für das Steering Committees, damit die Stakeholder nicht das Gefühl haben, es läuft etwas „hinter ihrem Rücken“ ab.
Regelmässige Einzelgespräche mit den Key-Stakeholdern, bei denen ich die Bedürfnisse und Kritikpunkte der einzelnen Mitarbeitenden bzw. Abteilungen individuell erfassen, verstehen und adressieren konnte.
Obwohl dies ein hoher zeitlicher Aufwand für mich darstellte, kann ich diese Massnahmen rückblickend als wesentliche Erfolgsfaktoren bezeichnen. Durch die kontinuierlichen Informationen und den gegenseitigen Austausch konnten Ängste ab- und Vertrauen aufgebaut werden. Aus anfänglichen Projektgegnern wurden so Unterstützer, die uns nicht nur halfen auf ein gemeinsames Ziel hinzuarbeiten, sondern auch dazu beitrugen, die allgemeine Ablehnung gegenüber dem Projekt ins Positive zu drehen.
Festigen des Teams und seines Way of Work
Ein wesentlicher Grund, warum das Projekt bisher nicht in der geforderten Zeit und Qualität fertiggestellt werden konnte, war die dezentrale Verteilung der Teammitglieder sowie ihre Doppelbelastung aufgrund des normalen Tagesgeschäfts. Mit der Unterstützung des Steering Committees gelang es mir, die Verfügbarkeit des Core-Teams für die Projektarbeit auf 100 % zu erhöhen und die Mitarbeitenden in einem einzigen Raum zusammenziehen, was nicht nur die Identifikation mit dem Projekt förderte, sondern auch zu einer Reduktion der Störungen von aussen verhalf. Statt nun aber darüber zu reden, wie kurze Wege den Austausch und die Ad-hoc-Problemlösung fördern und dass regelmässige gemeinsame Mittagessen den Teamspirit stärken, möchte ich hier einen zeitgemässen Exkurs machen:
Colocation in Zeiten von Homeoffice
Nicht immer können alle Mitarbeitenden colocated, d.h. in einem Raum zusammengeführt werden. Im Rahmen zahlreicher Projekte mit verteilten Teams haben sich für mich die folgenden Massnahmen zur Förderung der virtuellen Zusammenarbeit als ein guter und effizienter Way of Work bestätigt: